So wohnt Deutschland – und so beeinflusst es die Sektorziele
Wie viel Handlungsbedarf hier besteht, zeigt der dena Gebäudereport 2024. Er gibt einen umfassenden Überblick über den Gebäudebestand in Deutschland. Und lässt anhand statistischer Daten wichtige Rückschlüsse zu. Zum Beispiel, warum der generelle Energiebedarf zwar zurückgeht – nämlich beispielsweise durch effizientere Heizungen und die stärkere Nutzung Erneuerbarer Energien. Aber der Trend zu höheren Wohnflächen pro Person macht diese Einsparungen gleich wieder zunichte. Wie übrigens auch die immer bessere Ausstattung der privaten Haushalte. Es lohnt sich also, einmal genauer hinzuschauen, wie es weitergeht auf dem Weg in eine klimaneutralere Wohn-Zukunft …
Wie sieht der Gebäudebestand in Deutschland aus?
Die Brückensperrungen beispielsweise auf verschiedenen Autobahnen oder die jetzt gestarteten Milliardeninvestitionen haben ein Schlaglicht auf das Alter der Infrastruktur in Deutschland geworfen. Aber wie sieht es eigentlich im Gebäudebestand, auf dem Wohnungsmarkt mit seinen rund 43,4 Millionen Wohneinheiten aus? Da haben wir, zeigt der dena Gebäudereport 2024, auf jeden Fall eine ganze Menge Altbauten: Rund ein Viertel der Häuser (24 Prozent) wurde vor 1946 errichtet, weitere 36 Prozent sind fast 50 Jahre alt, weil vor 1978 gebaut. Das heißt: Mehr als jedes zweite Haus steht schon seit einem halben Jahrhundert …
Zur Einordnung: 1974 kam der Golf 1 auf den Markt, der eine ganze Fahrzeugklasse prägte. Einem vergleichbaren Niveau entspricht in etwa auch die Energieeffizienz der Gebäude aus dieser Zeit. Rund 66 Prozent aller Häuser gehören in die schlechtesten Energieklasse F, G oder H (Quelle: MacMakler) – brauchen also zwischen 160 und über 250 kWh Energie pro Quadratmeter und Jahr. Das entspricht Heizkosten in Höhe von mindestens 11 Euro bis deutlich mehr als 15 Euro pro Quadratmeter und Jahr, bei einer 80 m² großen Wohnung also zwischen 880 und 1.200 Euro (Quelle: enpal; Stand 4.24)
Bezahlt werden – auch das weist der dena Gebäudereport 2024 aus – diese hohen Verbrauchskosten vor allem von Mietern mit vergleichsweise niedrigerem Einkommen: „Der Vergleich von Einkommen und Baualtersklassen zeigt, dass mit steigendem Einkommen der Anteil der Haushalte, die in neueren Baualtersklassen wohnen, zunimmt.“
Wer wohnt wie in Deutschland?
Die 2022 gezählten, rund 43,4 Millionen Wohneinheiten im Wohngebäudebestand teilen sich in 13 Millionen Wohnungen in Einfamilienhäusern (EFH), 6,4 Millionen in Zweifamilienhäusern (ZFH) und 22,6 Millionen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (MFH) auf. Hinzu kommen 1,4 Millionen Wohnungen in Nichtwohngebäuden (NWG), zum Beispiel Betriebswohnungen. Die durchschnittliche Größe lag dabei in Einfamilienhäusern bei rund 130 m², in Zweifamilienhäusern bei 97 m², und bei 70 m² in Mehrfamilienhäusern. Das ist im groben Durchschnitt etwa zehn Prozent mehr als im Vergleich zu 1995, wobei davon vor allem die Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern profitieren.
In Mehrfamilienhäusern hingegen ist der Trend hin zu kleinen Wohnungen auffällig. Rund 5,7 Millionen Wohneinheiten wurden 2022 als Ein- und Zweiraumwohnungen gezählt. Das entspricht einem Anteil von 13 Prozent am Gesamtbestand – und einer Zunahme von ca. 80.000 Wohneinheiten im Vergleich zum Vorjahr! Damit verzeichneten die Ein- und Zweiraumwohnungen den höchsten Zuwachs im Jahr 2022. Auch hier zum Vergleich: Der prozentuale Zuwachs von Vier-Zimmer-Wohnungen, früher prototypisch für Familien, lag im Vergleich zum Vorjahresbestand bei schlichten 0,4 Prozent. Das entspricht insgesamt rund 47 Prozent des Wohnungsbestandes. Wohnungen mit sieben oder mehr Räumen machen 12 Prozent aus.
Dass in den vielräumigen Wohnungen zugleich immer große Haushalte leben, ist damit allerdings nicht gesagt. Denn 41 Prozent aller Haushalte in Deutschland sind laut dena-Studie nur Ein-Personen-Haushalte. Der Anteil der Haushalte mit fünf und mehr Personen betrage hingegen nur rund 4 Prozent.
Wie klimafreundlich wird in Deutschland neu gebaut?
Laut dena-Report 2024 gab es 2022 rund 19,5 Millionen Wohngebäude in Deutschland, etwa 100.000 (0,5 Prozent) mehr als im Vorjahr. 13 Millionen davon sind Einfamilienhäuser, 3,2 Millionen Zweifamilienhäuser und 3,3 Millionen Mehrfamilienhäuser. Zumindest im Berichtszeitraum hat sich diese Verteilung kaum verändert, denn neu gebaut wurde mit 0,5 Prozent (EF/ZFH) bzw. 0,6 Prozent (MFH) in allen Gebäudeklassen etwa gleich viel – oder gleich wenig, je nach Betrachtungswinkel. So oder so steht der Neubau für etwa 30 Millionen m² zusätzliche Wohnfläche an. Abgerissen wurden 2022 übrigens nur etwa 4.700 Wohngebäude mit etwa 16.000 Wohneinheiten. Vor allem, um an gleicher Stelle Ersatz zu schaffen (69 Prozent). Auf Platz zwei folgen mit 13 Prozent Nutzungsänderungen, und sechs Prozent aller abgerissenen Gebäude sind heute Freifläche.
Dem Altersbestand der Wohngebäude entsprechend machen nach wie vor die klassischen fossilen Energieträger Gas und Öl den Löwenanteil bei den Beheizungsvarianten aus: Von den knapp 25 Millionen Wärmeerzeugern im Bestand waren demnach 7,9 Millionen Gas-Brennwertgeräte, 6,4 Millionen Gas-Heizwertgeräte, gut fünf Millionen Ölheizungen und immerhin noch 84.000 Kohleheizungen. Aufaddiert entspricht das einem Marktanteil von rund 78 Prozent.
Der Wandel hin zu den Erneuerbaren Energien ist aber deutlich zu spüren. Erstmals seit 1993 sank 2022 beispielsweise der Anteil der Gasheizungen im Wohnungsbestand, bei Öl gibt es diesen Rückgang schon seit 1995! Stattdessen stieg der Anteil der mit Wärmepumpen beheizten Wohnungen seit 2003 kontinuierlich an, erreichte 2022 einen Höchstwert von drei Prozent. Generelle Zuwachsraten gibt es außerdem bei der Fernwärme. Die Zahl der angeschlossenen Wohnungen steigt seit 1995, blieb 2022 aber bei rund 14 Prozent stehen.
Dabei ist allerdings eine klare Unterscheidung zwischen Ein- und Zweifamilienhäusern und Mehrfamilienhäusern zu erkennen: Mehrfamilienhäuser und Wohnheime wurden mit einem Anteil von etwa 35 Prozent deutlich seltener mit einer Wärmepumpe ausgestattet als Ein- und Zweifamilienhäuser. Bei der Fernwärme sieht es genau anders aus. Hier stellt der Geschosswohnungsbau mit einer Anschlussquote von 22 Prozent die Spitze, während es bei Ein- und Zweifamilienhäusern nur rund 6 Prozent waren.
Wenn neu gebaut wird, geschieht das im Übrigen am häufigsten mit Baustoff-Klassikern, nämlich mit Ziegel und Porenbeton. Etwa jeder zweite Neubau wird so errichtet. Aber: Holz holt auf! Seit 2009 wächst der prozentuale Anteil der Holzhäuser, vor allem im Ein- und Zweifamilienhaus-Bereich. Wurden 2014 erst 15 Prozent aller Neubauten aus Holz errichtet, waren es 2022 schon 20 Prozent. Das geht wohl vor allem zu Lasten von Häusern aus Ziegelsteinen. Deren Marktanteil sank von 40 Prozent in 2003 auf nur noch 30 Prozent im Jahre 2022.
Soweit der erste Teil zum dena-Gebäudereport 2024. Den ihr übrigens hier herunterladen könnt. Die Zahlen helfen zu verstehen, warum sich der Gebäudebestand beim Erreichen der Sektorziele so schwertut. Aber weil alle Theorie ja bekanntlich grau ist: Wie lebt ihr denn eigentlich so? Im Altbau oder im smarten Penthouse, heiztechnisch schon „ganz grün“ oder vielleicht sogar noch mit Einzelraumofen? Schreibt uns doch einfach mal und gebt uns einen kleinen Einblick, wie das Leben „da draußen“ tatsächlich aussieht – fernab von jeder Statistik des Bundes …